8.12 Ernährungsstörungen der Haut

Grading & Level of Importance: B

ICD-11

EB9Y / 5C3Y

Synonyme

Mangelernährung.

Epidemiologie

Weltweit, besonders in Entwicklungsländern. Genetische, psychische, finanzielle, sozioökonomische, kulturelle Hintergründe.

 

  • Entwicklungsländer: minderwertige oder unzureichende Ernährung
  • Industrieländer: Überernährung, Alkoholismus, gastrointestinale Störungen, ungesunde Diät (Anorexia nervosa)
  • Risikogruppen: Kinder, Schwangere, Alkoholiker, Veganer, Dialysepatienten, Malabsorption, Magen-Darm Operationen, Medikamente

Definition

Hauterkrankungen infolge von Stoffwechselstörungen oder mangelhafter/fehlerhafter Ernährung (Diät, parenterale Ernährung) oder Resorption (Mineralien, Spurenelemente, Vitamine). 

Aetiologie & Pathogenese

  • Vitaminmangel
    • Vitamin A-Mangel: Störung von Aufbau und Differenzierung epithelialen Gewebes. Mangel durch verminderte Aufnahme, Lebererkrankungen; Fett Malabsorption führt zu gestörter Keratinisierung von Epidermis und Follikel; Phrynoderm: Follikel-Verstopfung 
    • Vitamin B3 (Niacin) Mangel: besonders in Regionen mit vorwiegender Getreide-Ernährung. Pellagra: Dermatitis, UV-Empfindlichkeit, Haarverlust, Diarrhoe; gelegentlich letal
    • Vitamin B6 (Pyridoxin): wichtiger Cofaktor bei zahlreichen enzymatischen Prozessen.  Mangel:  seborrhoische Dermatitis-artige Veränderungen, Mundwinkel-Cheilitis, Anämie, atrophische Glossitis
    • Vitamin B12 (Cyanocobalamin): Erythrozyten und Nervensystem. Mangel besonders bei veganer Diät
    • Vitamin C (Askorbinsäure): wichtiges Antioxidans; Kollagensynthese. Mangel: raue ichthyosiforme Haut, follikuläre Hyperkeratosen, perfollikuläre Hämorrhagie, petechiale Blutungen (Skorbut)
    • Vitamin D; aktiver Metabolit 1,25(OH)2D3: bei UV (B)-Licht Exposition Umwandlung in 7-dehydrocholesterol in der Epidermis. Dunkelhäutige (Typen 5 & 6) sind in sonnenarmen Regionen z.Beispiel in Nordeuropa gefährdet. Niedrige Spiegel: vorzeitige Hautalterung und Xerose (trockene, schuppende Haut)
    • Vitamin H (Biotin): Coenzym von Carboxylasen für die Signaltransduktion. Mangel in der Schwangerschaft, langdauerne parenterale Ernährung und Biotinase-Mangel: Haarausfall, brüchige Nägel, Dermatitis periorifizial (Mund, Nase, anogenital)
  • Spurenelemente
    • Eisen: verminderte Nahrungsaufnahme (Veganer): Anämie (Hautblässe), mit verminderter Sauerstoffsättigung des Blutes: Störung von Haar- und Nagelwachstum, Juckreiz
    • Selenium: in verschiedenen Selenproteinen (Phospholipid Hydroperoxide Glutathionine Peroxidase (PHGPx) und Thioredoxin Reduktase (TDR) in der Zellmembran von Keratinozyten). TDR-Level korreliert mit UV-Licht Empfindlichkeit/Schutz ( Sauerstoffradikal-Fänger). Selenium-abhängige Enzyme zur Umwandlung von Thyroxin (T4) zu Triiodothyronin (T3)
    • Zink: Proteinsynthese (Wundheilung, Schleimhautbarriere). Keratinisierung und Strukturproteine (Kollagene). Acrodermatitis enteropathica (defekte Zink-Absorption): erosive Entzündungen mit schupenden Rändern periorifizial (Mund, anogenital) und Akren (Finger, Füsse)

Symptome

Haut, Haare und Nägel sind oft frühe Signalorgane bei fehlerhafter oder mangelnder Ernährung bzw. Resorptionsstörungen. Symptomatische überlappende Mischbilder bei mehreren verschiedenen Mangelzuständen.

Lokalisation

Siehe Ätiologie & Pathogenese.

Klassifikation

Vitamine, Spurenelemente und Mineralien.

Labor & Zusatzuntersuchungen

Bestimmung von Vtaminen und Spurenelementen/Mineralien in Blut und Urin spiegeln nicht unbedingt die wichtigen Gewebsspiegel wider.

 

Genetisches Counselling zur Erfassung seltener Systemerkrankungen und Genodermatosen.

Dermatopathologie

Abhängig von der jeweiligen Mangelerscheinung. Häufig Störung der Epidermis/ Keratinisierung.

Verlauf

Abhängig vom jeweiligen Mangelzustand.

Komplikationen

Abhängig von der Schwere des Mangelzustandes. Schwerste Form eines Proteinmangels: Kwashiorkor, mit Hautveränderungen besonders an Stellen starker Belastung oder Friktion (Leiste, Knie, Gesäss, Ellbogen).

Diagnose

Klinisches Bild in Verbindung mit Exploration des nutritiven, sozioökonomischen und kulturellen Hintergrundes. Frühdiagnose meist schwierig.

Differentialdiagnosen

Sehr breit; Simulation zahlreicher Dermatosen.

Therapie & Prävention

Individuelle orale oder parenterale Substitution; unproblematisch bei wasserlöslichen Vitaminen (z.B. Vitamin C); Substitution fettlöslicher Vitamine (E-D-K-A) muss wegen der Gefahr einer Überdosierung kontrolliert werden.   

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