8.4 Juckreiz

Grading & Level of Importance: B

ICD-11

ME65.1; EC90.6 

Synonyme

Pruritus. 

Epidemiologie

Prävalenz: häufigstes dermatologisches Symptom. Chronischer Juckreiz: 12-20% (im Alter bis 60%) der Bevölkerung.

Definition

Unspezifisches Symptom zahlreicher Dermatosen.

Aetiologie & Pathogenese

Verschiedene Stimuli provozieren Kratzen mit dem Ziel, «pruritogene» Faktoren, z.B. Parasiten, zu entfernen. Nervale Rezeptoren für Juckreiz (Pruritorezeptoren) unterscheiden sich von Schmerzrezeptoren. Unmyelinisierte C Fasern und dünne myelinisierte Aδ Fasern. 

 

Juckreiz-Mediatoren:Histamin, IL-2, TNF-a, IL-4, IL-13, IL-31, thymic stromal lymphoprotein, Proteasen, Neuropeptide (Substanz P) und Opioidpeptide. 

 

Je nach zugrundeliegender Ursache des Juckreizes:

  • Pruritus auf dem Boden von Dermatosen
    • Atopische Dermatitis und andere Ekzeme
    • Psoriasis
    • Urtikaria
    • Diverse Epizoonosen (Scabies, Insektenstiche)
    • Bullöses Pemphigoid
    • Arzneiexantheme
    • Kutane T-Zell Lymphome, besonders Sézary-Syndrom
  • Pruritus mit exkoriierten Knoten und Lichenifikation
    • Prurigo nodularis
    • Lichen simplex chronicus.
  • Pruritus bei Patienten mit unauffälligem Hautbefund oder minimalen Kratzspuren (Pruritus unklarer Ursache): neurologische, hämatologische oder endokrine Störungen.  Infektiöse und metabolische Erkrankungen, Urämie, Cholestase. Neoplasien, Arzneireaktionen, psychische Störungen.

 

Symptome

Siehe Klassifikation.

Lokalisation

Lokalisierter oder generalisierter Pruritus.

Klassifikation

Nach Verlauf

  • Akut
  • Chronisch: Juckreiz >6 Wochen; andauernd oder intermittierend mit tageszeitlichen Schwankungen oder abhängig von äusseren Einflüssen (Stress)

 

Pathogenese

  • Pruritus auf dem Boden einer Dermatose
  • Pruritus assoziiert mit Exkoriationen oder Lichenifikation
  • Pruritus unbekannter Ursache bei unauffälligem Hautbefund

 

Localisation

  • Lokalisiert: juckende Dermatosen mit Entzündung
  • Generalisiert:  auch bei umschriebenen Dermatosen oder bei systemischen Störungen

 

Qualität des Juckreizes: Brennen Schmerz, Stechen, Kribbeln  

Labor & Zusatzuntersuchungen

Bei Patienten mit unklarer Ätiopathogenese: Blutbild, bildgebende Untersuchungen, Biopsie; Prüfung des Dermographismus.

Dermatopathologie

Abhängig von Hautveränderungen. Bei chronischem Juckreiz kann einer Vermehrung von Nervenfasern in den oberen Schichten der Dermis vorliegen.

Verlauf

Abhängig von der Grunderkrankung (siehe Ätiologie & Pathogenese).

Komplikationen

Sekundärläsionen durch Kratzen: Exkoriationen, Ulzerationen, Krustenbildung, Papeln, Knoten, Lichenifikation, Atrophie, Narben, Hyper- und Hypopigmentierung. Schlafstörungen. Einschränkung der Lebensqualität; Suizidgefahr.

Diagnose

Ausführliche Anamnese und körperliche Untersuchung von Haut, Lymphknoten; Labor-und weitere bildgebende Untersuchungen.

Differentialdiagnosen

Differenzierung von «brennenden» Missempfindungen (erythropoetische Protoporphyrie).

Therapie & Prävention

Mental Entspannungstherapie, Yoga, Training zur Kratzvermeidung. Hautfettung.

 

Symptomatische Behandlung eventuell vorhandener Grunderkrankungen

  • Topisch: Lokalanästhetica, topische Glukokorticosteroide (niedrig dosiert), topische Calcineurin-Inhibitoren
  • Systemisch: Antihistaminica, kurzfristig Glukokorticosteroide, Ciclosporin. Opioid Rezeptor Antagonisten. Antidepressiva, Neurokinin Antagonistsen, Biologicals
  • Ultraviolet Phototherapie
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