- Neugeborenes: Baby von der Geburt bis ca. 2. Lebensmonat
- Kleinkind: Geburt bis 1. Lebensjahr
- Kind: 1. -4. Lebensjahr (“Toddler”)
8.9 Kindesalter-Haut
Grading & Level of Importance: B
Überblick
- Definition
- Entwicklung
- Struktur & Physiologie
- Biochemie
- Microbiom
- Immunologie
- Sensitivität (Nerven)
- Krankheitsrisiko
- Verletzlichkeit
- Prävention
- Spektrum der Hauterkrankungen bei Neugeborenen und Kleinkindern
- Häufige gutartige und vorübergehende Hautveränderungen bei Neugeborenen und Kleinkindern
- Genodermatosen
- Labor & Zusatzuntersuchungen
- Diagnose
Definition
Entwicklung
- Embryogenese: Stratifizierung der Epidermis, vollendet in der 34. Schwangerschaftswoche
- Frühgeburt: Vermminderung der Dicke von Epidermis und Str. Corneum
- Nach der Geburt (Neugeborenes): Reifungsprozess mit Adaptation der Haut an eine relative trockene Umgebung: Risiko der Exsikkation, Unterkühlung und der perkutanen Aufnahme toxisch wirkender Externa
- Transepidermaler Wasser Verlust (TEWL) nimmt in und nach der Schwangerschaft langsam ab (guter Entwicklungsparameter)
Neugeborene und Kleinkinder zeigen ein spezifisches Spektrum von Hautproblemen und Hauterkrankungen.
Struktur & Physiologie
- Frühgeburten: Epidermis dünn, epidermo-dermale Junktion locker, Verankerungsfibrillen anfällig für verletzungs- oder infektionsbedingte Blasenbildung
- Neugeborene: Permeabilität der Haut grösser als bei Kleinkindern; Fehlen eines ausgereiften Stoffwechelysystems; unreifes oberflächliches mikrovaskuläres Gefässystems, das sich erst nach 3-4 Monaten ausbildet
- Relativ hohe Sebumproduktion in den ersten Lebenswochen infolge eines relativ hohen mütterlichen Androgenspiegels
- Wenig Melanin in der Epidermis, wodurch sich die Notwendigkeit eines guten UV-Schutzes als Melanomprävention (in späteren Jahren) ergibt
- Das Verhältnis von Körperoberfläche zum Körpermass (Gewicht, Grösse) ist bei Neugeborenen zweimal so hoch wie beim Erwachsenen
Biochemie
Der Säuremantel der Haut spielt eine wichtige Rolle in der Infektabwehr und dem Aufbau eines normalen Mikrobioms. Der Oberflächen pH-Wert ist bei Babies neutral und sinkt in den ersten Lebensmonaten auf 5 oder 5.5.Die Vernix caseosa («Käseschmiere») ist eine Schutzschicht, die bei Frühgeburten fehlt und diese empfindliche macht gegenüber Infektionen und Unterkühlung. Vom Abwaschen der Vernix währen der ersten 6 Stunden nach der Geburt wird abgeraten.
Microbiom
Unmittelbar nach der Geburt ist das Mikrobiom (Keimbesiedlung) der Haut homogen, unabhängig von der Entbindungsmethode oder der Kindsreife.
Vaginale Entbindung: Besiedlung der Haut mit vaginalen Prevotella und Lactobacillus species.
Kaiserschnitt-Entbindung: verschiedene Besiedlung mit Cutibacterien, Corynebacterien und Micrococcen.
Körperregion-spezifische Zusammensetzung des Mikrobioms entwickelt sich während des 1.-3. Lebensmonates, ist aber noch deutlich unterschieden von der eines Erwachsenen.
Immunologie
Das umfangreiche Haut-assoziierte Immunsystem orchestriert die Abwehr von pathogenen Erregern, reagiert auf Umwelteinflüsse und erfüllt Aufgaben der Homeostase.
Bei Neugeborenen ist die Menge antimikrobieller Peptide, Lysozym und Laktoferrin grösser als beim Erwachsenen. Die Haut enthält insgesamt weniger Immunzellen als die Haut des Erwachsenen, aber mehr anti-inflammatorische regulatorische T-Zellen (Treg).
Sensitivität (Nerven)
Das Nervengeflecht entwickelt sich früh im Fetus, ausgehend von der Neuralleiste, und reift mit zunehmender Entwicklung. Neurokutane und sensorische Funktionen sind entwicklungsgeschichtlich von grosser Bedeutung.
Krankheitsrisiko
Aufgrund des nicht voll ausgereiften angeborenen (innate) und der unvollständigen erworbenen (adaptiven) Immunität ist die Anfälligkeit von Neugeborenen und Kindern für Infektionen besonders gross.
Verletzlichkeit
Die Frühgeborenen Haut ist sehr verletzlich; bei der Überführung auf eine Intensiveinheit (NICU) ist höchste Vorsicht erforderlich, um iatrogene Verletzungen zu vermeiden (Prellungen, Blutungen, Blasenbildung, Exkoriationen, Erytheme, Druckulzera).
Prävention
Vollbäder sind bei Frühgeborenen nicht zu empfehlen. Vorsicht bei der Applikation von Externa wegen der erhöhten Hautpermeabilität und einer möglichen Akkumulation von Inhaltsstoffen.
Spektrum der Hauterkrankungen bei Neugeborenen und Kleinkindern
Die meisten Probleme sind gutartig und vorübergehend
- Ekzematöse Hautveränderungen (atopisches oder seborrhoisches Ekzem; reaktiver pustulöser Ausschlag (z.B. erythema toxicum neonatorum), Akne infantum)
- Infektionskrankheiten: bullöse Impetigo, staphylococcal scaled skin syndrome
- Seltene Systemerkrankungen: Langerhans Zell Histiocytose, kutane Mastocytose, Hyper IgE-Syndrom, neonataler lupus erythematodes durch transplazentare Übertragung mütterlicher Autoantikörper
Häufige gutartige und vorübergehende Hautveränderungen bei Neugeborenen und Kleinkindern
Milien und Miliaria, infolge Unreife der Adnexstrukturen.
- Milien: 1-2-mm grosse weisse oder gelbe Papeln im Gesicht
- Miliaria: rote 1-2 mm grosse Papeln besonders am Stamm, die bei erhöhter Temperatur (Schwitzen) verstärkt auftreten
- Talgdrüsenhyperplasien: Nase und Oberlippe
- Reaktive pustulöse Eruptionen sind relative häufig in der Neonatalperiode:
- Häufigster vorübergender pustulöser Ausschlag: Erythema toxicum neonatorum (Dauer 1-2 Wochen)
- Neonatale zephale Pustulose (Variante der neonatalen Akne) ist eine faziale papulopustulöse selbstheilende Eruption (Dauer 6-8 Wochen)
- Cutis marmorata: Häufigste vorübergehende Hautveränderung bei Neugeborenen; das symmetrische retikuläre Erythem ist eine physiologische Reaktion der oberflächlichen dermalen Gefässe (Vasokonstriktion) auf Kälteexposition
- Neonatale Gelbsucht (Ikterus) durch Ablagerung von Bilirubin im Gewebe ist ein häufiger Befund bei Frühgeburten mit einem Peak am 3. oder 4. Tag
Genodermatosen
Manifestation neonatal oder in der Kindheit
- Incontinentia pigmenti: Manifestation bei Geburt mit linearer Blasenbildung entlang der Blaschko-Linien; Umwandlung in lineare Plaques an Stamm und Exremitäten; hyperpigmentierte Spätveränderungen
- Café-au-lait Flecken (hyperpigmentierte Maculae) bei Neurofibromatose
- Hypopigmentierte Flecken bei tuberöser Sklerose.
- Verschiedene blasenbildende Dermatosen (z.B. Epidermolysis bullosa) durch Mutation von Proteinen der dermo-epidermalen Junktionszone und Verankerungsfibrilen
- Verschiedene kongenitale Ichthyosen (z.B. lamellare Ichthyosis, selbstheilendes Kollodium-Baby, Harlequin Ichthyosis). Schwere (dermale) Verlaufsform mit erhöhter Morbidität und Mortalität. Erythrodermie mit Blasenbildung bei epidermolytischen Formen
- Acrodermatitis enteropathica: selten; Zink-Mangel oder -Resorptionsstörung; periorale und perianale pustulöse Dermatitis.
- Palmoplantare Keratosen (PPK), besonders diffuse Varianten
Labor & Zusatzuntersuchungen
Selten erforderlich, ausser bei Systemerkrankungen (Langerhans Zell Histiocytose, Mastocytose) und Genodermatosen (Erythrodermischer und schwerer Ichtyose; Epidermolysis). Genetisches Profiling in Speziallabors.
Diagnose
Klinisches Bild, Familienanamnese, Spezialuntersuchungen je nach Krankheitsbild.
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