2.3.1 Dermatophytosen

Grading & Level of Importance: A

ICD-11

1F28.Y

Synonyme

Tinea; dazu eine Lokalisationsangabe (corporis, capitis, faciei oder andere).

Epidemiologie

Infektionen mit Dermatphyten (Fadenpilzen) gehören weltweit in Abhängigkeit vom klimatischen und hygienischen Umfeld und der persönlichen Abwehrlage zu den häufigsten Dermatosen.

  • Tinea corporis und tinea capitis: bevorzugt bei Kindern
  • Tinea barbae: ausschliesslich bei Männern
  • Tinea pedis und Onychomykose: bei 20% junger Erwachsener
  • Tinea manuum: meist im Zusammenhang mit Tinea pedis
  • Favus: heute in Europa sehr selten

Definition

Taxonomische Erregergruppen von Pilzen: Dermatophyten, Hefepilze, Schimmelpilze (DHS-System).

 

Durch Fadenpilze (Dermatophyten,keratinophile Pilze mit Befall von Haaren, Nägeln, und Schuppen) der Gattung Microsporum, Trichophyton und Epidermophyton verursachte Mykosen. Übertragung Mensch zu Mensch und Tier zu Mensch.

Aetiologie & Pathogenese

Neben erregerabhängigen Faktoren bestimmt die Wirtsantwort maßgeblich die klinische Ausprägung der Erkrankung.

  • Anthropophile Dermatophyten (insbes. T. rubrum): an den Menschen angepasst; nur gering entzündliche chronische Infektionen  
  • Zoophile Arten: auf warmblütigen Tieren; durch Kontaktinfektion stark entzündlich verlaufende Infektionen beim Menschen. Die Tiere sind oft asymptomatische Überträger. 
  • Geophile Spezies: Saprophyten im Erdboden, verursachen nur selten Mykosen beim Menschen; dann aber stark entzündlich, weil der Erreger nicht adaptiert ist. 

Symptome

Deskriptive (erregerunabhängige Unterscheidung) nach Lokalisation: Tinea + Suffix der Lokalisation z.B. Tinea corporis, Tinea capitis, Tinea faciei etc.

 

Häufige lokalisationsunabhängige Symptome sind: randbetonte Rötung mit zentraler Rückbildungstendenz, Bläschen und Krusten, Schuppung, Juckreiz.

   

Misnomere (Fehlbezeichnung), da keine Dermatophytosen: 1. Tinea versicolor siehe Pityriasis versicolor, 2.  Tinea nigra = Infektion durch den Hefe-ähnlichen Pilz Hortaea werneckii, 3. Mycosis fungoides (kutanes T-Zell Lymphom).

 

Tinea der freien Haut: meist kreisförmige, erythematöse, scharf begrenzte Plaques mit randbetonter Schuppung (Ausbreitung des Pilzes im Stratum corneum); zentrifugales Wachstum mit zentraler Abheilungstendenz. Juckreiz variabel. Gelegentlich dyshidrosiform oder pustulös, v. a. bei zoophilen Erregern.

 

Trichomykosen = Dermatophytosen der Terminalhaare. Es wird unterschieden zwischen Tinea im engeren Sinne, Mikrosporie und Favus (Tinea favosa). Trichomykosen entstehen durch Ausbreitung der Erreger vom Str. corneum in Haarfollikel und -schaft bis zur Zone der Keratinisation (Adamson‘sche Quaste). Es werden nur Anagen-Haare befallen.

 

Tinea capitis im engeren Sinne: häufigste Dermatophytose im Kindesalter. Anthropophile. Erreger verursachen eine endothriche Infektion des Haares. Das Haar ist bei intakter Kutikula mit Sporen angefüllt und als kleiner schwarzer Punkt in der Follikelöffnung erkennbar („black-dot ringworm“). Zoophile Dermatophyten dringen an den Haarfollikeln in die Tiefe und es kommt zu folliku­lären Pusteln und massiver eitriger Sekretion („Kerion celsi“).

 

Mikrosporie:  nicht-abszedierende, fast reaktionslose tiefe Follikulitis durch anthropophile M. audouinii oder durch M. canis (zoophil; insbesondere von Katzen). Die glanzlosen, wie mit Mehl bestäubt erscheinenden Haare sind kurz über dem Haarboden abgebrochen. Im Woodlicht (UVA-Lampe) gelbgrüne Fluoreszenz. 

 

Favus: Myzelmassen enthaltende, schildchenförmige Schuppenkrusten (Scutula: Schildchen) im und um den Haarfollikel. Abheilung mit narbiger Alopezie (Pseudopelade-Zustand). Geruch nach «Mäuseurin»(?).

 

Tinea barbae - tiefe abszedierende Follikulitis der Barthaare insbesondere durch T. verrucosum („Rinderflechte“) oder die zoophile Form von T. interdigitale.

 

Tinea der Leistenhaut (Handinnenflächen, Fußsohlen)

 

Tinea pedis eine der häufigsten dermatologischen Erkrankungen. Drei klinische Erscheinungsformen:

 

(1) interdigital: Mazeration und groblamelläre Schuppung am häufigsten in dem besonders engen 3. und 4. Zehenzwischenraum. Durch Ablösung der mazerierten Schichten entstehen nässende Erosionen und Rhagaden.

(2) squamös-hyperkeratotisch: aphlegmasische (nicht-entzündliche) diffus schuppende Keratose der gesamten ­Fußsohle ("trockene Haut").

(3) vesikulös-dyshidrotisch: besonders am Fußgewölbe sowie Klein- und Großzehballen Entwicklung dyshidrosiformer, oft leicht getrübten Bläschen mit meist heftigem Juckreiz.

 

Tinea manus: überwiegend einseitig; nach längerem Bestand auch beidseitig. Im Bereich der Hohlhand feine, teils Kollarette-artige Schuppung, besonders im Bereich der Handlinien. Dyshidrosiforme Form: juckende Bläs­chen und Pusteln an Handtellern, ­seitlichen und volaren Fingerregionen. Sonderform: one-hand/two feet Mykose, bei der stets beide Fußsohlen sowie eine Handfläche betroffen sind.

 

Onychomykose (Tinea unguium)

 

Über 80% aller Onychomykosen sind Dermatophyteninfektionen (meist T. rubrum). Prädispositionsfaktor: geschädigtes Nagelwachstum. Häufiger an Füßen (ausgehend von einer Tinea pedis) als an­ Händen.

 

Unter therapeutischem Aspekt werden unterschieden: a) distolaterale subunguale Onychomykose als häufigste Form; b) weiße superfizielle Onychomykose (weißliche Maculae); c) proximale subunguale Onychomykose und d) total dystrophische Onychomykose mit weitgehender Zerstörung der Nagelplatte als Endzustand der 3 vorgenannten Formen.

Lokalisation

(siehe Symptome)

Klassifikation

  • Nach Befallsmuster
  • Nach Erregertyp

Labor & Zusatzuntersuchungen

Pilz-Nachweis (Direktpräparat, Kultur), PCR.

Dermatopathologie

  • Kompakte Orthokeratose (normale Verhornung), geringes Serumexsudat, Schuppung
  • Intrakorneale Ansammlung neutrophiler Granulozyten ist typisch
  • Neutrophilen reiches dermales Infiltrate
  • Hyphen (Pilzfäden) und Sporen in und um den Haarschaft und im Haarfollikel (Tinea profunda)
  • PAS-Färbung (Hyphen und Sporen) sollte bei allen “neutrophilen Dermatosen» durchgeführt werden

Verlauf

Langsam progedient ohne gezielte antimykotische Therapie. Gelegentlich spontane Regression bis zur möglichen Abheilung je nach Krankheits- und Erregertyp und Immunitätslage.

Komplikationen

Ausbreitung durch Autoinokulation.

Diagnose

Klinisch, mykologisch. Direktpräparat zum Nachweis von Pilzelementen; Identifizierung der Erreger-Spezies durch Kultur (Dauer 1-4 Wochen); oder PCR (24h).

Differentialdiagnosen

Pyodermien, Ekzem, Psoriasis, Pityriasis rosea, diskoider oder subakut kutaner Lupus erythematodes.

Therapie & Prävention

  • Allgemein: Beseitigung begünstigender Faktoren (z.B. Hyperhidrose), Behandlung (asymptomatischer) Überträger.
  • Lokal: Grundlage abhängig von Lokalisation und Hautbefund. Antiseptika: Solutio Castellani, Chinosol (1:1000). Antimykotika – Azole, Amorolfin, Ciclopiroxolamin, Terbinafin in geeigneter Grundlage;quaternäre Ammoniumverbindungen wie Benzalkoniumchlorid zur Desinfektion. Polyene (Amphotericin, Nystatin) bei Dermatophytosen nicht wirksam. Keratolytika: Salicyl, Urea (Nägel, Haare). Fabry-Spiritus: (Salicyl, Phenol). Formalin zur Schuhdesinfektion.
  • Systemisch: Terbinafin als Goldstandard; Triazole wie Itraconazol, Fluconazol. Eingeschränkt Griseofulvin (bei Mikrosporie im Kindesalter).
Artikel als ungelesen markieren
Dieser Artikel ist als gelesen markiert
Artikel als gelesen markieren
__('Podcast Icon')

Podcasts

Test-Symbol

Tests

Kommentare

Sei der Erste, der einen Kommentar hinterlässt!