1.2.5 Pemphigus

Grading & Level of Importance: C

ICD-11

EB40.0

Synonyme

keine

Epidemiologie

Inzidenz: 20-70 neue Fälle pro 100’000/Jahr;F = M, 30-60 Jahre. Ethnische Schwankungen.

Definition

Autoimmunerkrankung mit intraepidermaler Blasenbildung.

Aetiologie & Pathogenese

Akantholyse durch Lösung desmosomaler Kontakte zwischen den Keratinozyten infolge zirkulierender Autoantikörper gegen desmosomale Haftungsproteine (Desmogleine 1 und 3).

Symptome

  • Pemphigus vulgaris: Beginn 50% mit enoralen Erosionen. Im Verlauf oberflächliche, leicht verletzliche Blasen und rascher Übergang in verkrustete Erosionen. Die Läsionen entstehen meist auf nicht-entzündlichem Grund. Nikolski-Zeichen I/II positiv (I:oberflächliche Verschiebbarkeit nicht läsionaler Haut; II: bestehende Blasen durch Druck zur Seite hin vergrösserbar)
  • Pemphigus foliaceus: Impetigoähnliche Läsionen und Krusten, initial v.a. in seborrhoischen Arealen. Wegen oberflächlicher Spaltbildung kaum intakte Blasen. Übergang in fast erythrodermatisches krustöses Krankheitsbild, Schleimhäute frei
  • Paraneoplastischer Pemphigus: Mischbild von Pemphigus, Lichen planus und Erythema multiforme. In der Regel schwerer Schleimhautbefall

Lokalisation

Gesamtes Integument, häufig Kopf, Hals, Stamm.

Klassifikation

  • Pemphigus vulgaris: Ziel-Antigen Desmoglein 3, bei kutanem Befall zusätzlich Desmoglein 1, suprabasale Spaltbildung. Seltene Varianten: neonataler Pemphigus; Pemphigus vegetans
  • Pemphigus foliaceus: Ziel-Antigen Desmoglein 1, subcorneale Spaltbildung
    • Fogo selvagem (Pemphigus brasiliensis): In Brasilien endemische Form des Pemphigus foliaceus, übertragen durch einen Vektor (Stechfliege Simulium).
    • Pemphigus erythematosus: Pemphigus foliaceus mit zirkulierenden ANA und Photosensitivität.
  • Paraneoplastischer Pemphigus: Autoantikörper gegen sowohl intraepidermale wie auch subepidermale Haftproteine. Intraepidermale und subepidermale Spaltbildung
  • IgA Pemphigus
  • Pemphigus herpetiformis

Labor & Zusatzuntersuchungen

Direkte Immunfluoreszenz (DIF): Nachweis von in vivo gebundenen, intraepidermalen, interzellulären Autoantikörpern in der Hautbiopsie. 

 

Indirekte Immunfluoreszenz (IIF). Nachweis von im Serum des Patienten zirkulierenden Autoantikörpern auf plattenepitheltragenden Substanzen.

 

ELISA: zum Nachweis von anti-Desmogein 1 und 2 Autoantikörpern im Serum.

Dermatopathologie

Intraepidermale Spaltbildung infolge Akantholyse.

Verlauf

Chronisch(-progredient). Unbehandelt in 95% der Fälle letal.

Komplikationen

Vor Einführung der systemischen Glukokortikoidbehandlung hohe Letalität (dermatogene Sepsis, Marasmus durch Flüssigkeit- und Eiweissverlust sowie behinderte Nahrungsaufnahme). Heute Komplikationen im Rahmen der notwendigen, massiven immunsuppressiven Therapie.

Diagnose

Tzanck-Test: Direktnachweis akantholytischer Zellen im Blaseninhalt (Ausstrich, Giemsa-Färbung).
Histologie (Akantholyse).
DIF: Interzelluläre IgG-Ablagerungen intraepidermal.
IIF: Nachweis zirkulierender IgG, die interzellulär an plattenepitheltragender Haut/Schleimhaut binden.
Immunoblot/ELISA: Antikörpernachweis (anti-Desmoglein 1 und 3 Autoantikörper) durch spezifische Antigenbindung.

Differentialdiagnosen

Therapie & Prävention

Systemisch: längerfristige Immunsuppression (Glukokortikoide und sog. steroidsparende Immunsuppressiva, z.B. Azathioprin, Methotrexat, Dapsone, Cyclophosphamid). Therapie zunächst hochdosiert, dazu meist Hospitalisation, dann ausschleichende Erhaltungstherapie, meist über Jahre. In therapierefraktären Fällen: Immun-/Plasmapherese, Rituximab.

 

Topisch: Farbstoffe, Wundbehandlung.

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